Alexander Renner

So können sie besser schlafen

Der aktuelle Gesundheitsreport der DAK wird gerade die Medien rauf und runter zitiert. Das Credo: 80%  der Erwerbstätigen in Deutschland schlafen schlecht, immer mehr leiden an Schlafstörungen, greifen zu Schlafmitteln ohne Rezept. Die Schlafstörung wird Schritt für Schritt zum Dauerzustand. Mein Fokus liegt hier kurz bei elemenaren Punkten, wie man ohne Medikamente wieder zu einem guten Schlaf findet.

schlafqualität alexander renner
Die Schlafqualität über Monate hinweg gemssen

Gründe für Schlafstörungen

Warum schlafen viele nicht mehr ausreichend gut? Meist sind die Probleme selbst gemacht. Schauen wir uns die häufigsten kurz an:

  • Digitaler Medienkonsum kurz vor dem Einschlafen:
    Egal ob Fernsehen, Streaming am Smartphone oder Tablet: Die Eindrücke der Serien, Filme, Live-Übertragungen oder Spiele werden vom Gehirn verarbeitet und beschäftigen es aktiv auch noch nach dem Schlafengehen.
  • Erreichbarkeit und Bearbeiten von (dienstlichen) Mails und Telefonaten:
    Die „gefühlte“ Verpflichtung, auch zuhause Abends noch für den Job erreichbar sein zu müssen, bringt den Aufgaben- und Termindruck in den Abend hinein und sorgt bei vielen Menschen für Streß und Einschlaf-Schwierigkeiten
  • Smartphone- und Tabletnutzung im Bett nach dem Schlafengehen
    Viele Menschen haben selbst im Bett noch das Handy an, checken das aller-allerletzte mal die Facebook-Timeline, zählen die Likes auf Instagram und klicken nochmal die Mails auf „gelesen“, bevor sie das Licht ausmachen und versuchen zu schlafen.

Diese Gründe sind nicht neu, sehr bekannt und kein Geheimnis. Unser Gehirn lässt sich aber nicht wie ein Computer einfach ausschalten. Eindrücke, Emotionen, Gedanken und Aufgaben beschäftigen das menschliche Gehirn weiter. Da macht es keinen Unterschied, ob das Licht aus ist oder nicht. Es muß denken, weil es ein Gehirn ist. Und so lange es aktiv denkt, können sie nicht schlafen.

Schauen wir uns darauf aufbauend ein paar Punkte an, die helfen können, besser zu schlafen. Ich gehe bewusst von einem urbanen Menschen im digitalen Zeitalter aus, denn genau die haben Schlafprobleme.

So können sie besser schlafen

  1. 30 Minuten vor dem Bettgehen kein Bildschirm mehr
    Die letzte halbe Stunde, bevor sie ins Bett gehen schalten sie alle Bildschirme, die sie für gewöhnlich nutzen aus. Es ist egal, ob das der Fernseher, Laptop, Smartphone, Tablet oder sonst ein Gerät ist. Ausschalten! Ihr Gehirn braucht die Zeit, um die letzten Eindrücke zu verarbeiten und herunterzukommen. Diverse Experten empfehlen 60 min. Das halte ich für viele aber nicht machbar. Die Widerstände sind meiner Meinung nach zu groß. Also einigen wir uns auf 30 Minuten.
  2. Führen sie ein Einschlafritual ein
    Was für kleine Kinder funktioniert, geht auch bei uns Erwachsenen: Das Einschlafritual. Sorgen sie für klare immer wiederkehrende Handlungen in einer festen Reihenfolge vor dem Bettgehen. Das könnten beispielsweise sein: Lichter ausmachen, ins Bad gehen, ausziehen, Zähneputzen, Zahnseide, auf die Waage stellen, Licht im Bad aus, ins Schlafzimmer gehen, Wecker aktivieren, Smartphone ans Kabel zum Laden, ins Bett legen, Licht aus. Suchen sie sich ein eigenes Ritual, das eine feste Reihenfolge behinhaltet. Unser Gehirn funktioniert genau so: Sie trainieren es damit. Es merkt, „aha, jetzt gehts ins Bett, jetzt muß ich gleich einschlafen“. Und da spielt es gerne mit.
  3. Kein Essen und Trinken vor dem Schlafengehen
    Nicht nur unser Gehirn ist vor dem Schlafengehen aktiv, sondern auch unser Verdauungsapparat. Um die Verdauung nicht abends noch zu beschäftigten, essen sie bis eine Stunde vor dem Bettgehen nichts mehr. Auch kein Knabberzeug. Trinken sie mindestens die letzten 60 Minuten keine Getränke mehr. Egal, ob Bier, Schorle, Wasser oder Drinks. Sie alle beschäftigen ihren Körper. Bei Wasser füllt sich häufig die Blase, was dazu führt, dass sie des nächtens wieder raus müssen. Die Bier-Geschichten mit “ Ein Bierchen am Abend macht doch schläfrig“ ect, lassen wir die letzte Stunde trotzdem weg.
  4. Ruhe für das Herz-Kreislaufsystem
    Treiben sie mindestens in der letzten Stunde vor dem Bettgehen keinen Sport. Egal ob am Hometrainer oder draussen oder im Studio. Sport ist gesund und regt das Herz-Kreislaufsystem an. Selbst Yoga aktiviert das Nervensystem und hält sie aktiv. Wollen sie zeitig gut einschlafen, dann gilt: No Sports.

Aus den vier Punkten lässt sich eine Grundregel ablesen: Fahren sie mindestens die letzten 60 Minuten vor dem Zubettgehen ihre Systeme stetig herunter. Signalisieren sie ihrem Körper: Jetzt gehts langsam ins Bett. Beschäftigen sie ihn nicht mit Dingen, die ihn aktiv halten. Die letzten 30 Minuten gehören dem Gehirn. Es soll weniger beansprucht werden, die allerletzten Minuten dem Ritual, um zu zeigen: Jetzt mußt du gleich schlafen. Das lässt sich gut antrainieren und funktioniert.

Je nach persönlicher Konstitution und Umgebung finden sie ihren Weg. Es gibt keine exakte Vorgabe, sondern nur ihren Weg. Experimentieren sie ruhig an sich herum.

Was ist „Guter Schlaf“? Qualität geht vor Zeit

Stellt sich nun die Frage, was ist überhaupt ein „guter Schlaf“? Fühlt das jeder anders? Ist das individuell? Nein, ist es nicht. Wir Menschen brauchen schlaf, um zu regenerieren. Darum geht es. Dabei spielt die Zeit nicht die Hauptrolle, sondern die Qualität. Also die Regel: Es sollten mindestens 8 Stunden sein, 9 Stunden oder altersbezogen steht nicht an forderster Front.

Schauen wir uns einmal eine idealtypische Schlafnacht aus sicht des Gehirns an: Sie schliessen die Augen und entspannen. Dabei schwingen die Gehirnwellen vorwiegend in Alpha-Frequenzen, die für Entspannung stehen. Diese Alpha-Phase wird durchschritten, die Wellen verlangsamen sich weiter und sie schlafen ein. Anfangs ist es noch ein leichter Schlaf. Ihr Gehirn schwingt nun vornehmlich in niederfrequenten Theta-Wellen. Das ist der Bereich des Traumes, des Unterbewusstseins, tiefe Meditation oder Trance und Hypnose. Und eben auch leichter Schlaf.

schlaf-diagram
Mein Schlaf-Diagram

Nun verlangsamen sich ihre Gehirnwellen weiter in den Delta-Bereich. Sie gelangen sie in den Tiefschlaf. Hier träumen sie nicht mehr, denken nicht mehr, verdauen nicht mehr. Dabei füllt ihr Körper seine Energie-Depots auf, erholt das Nervensystem, erneuert Körperzellen, kurz: Der Körper regeneriert sich. Das tut er nicht die ganze Nacht durch. Es sind Phasen, die sich mit leichterem Schlaf abwechseln. Aber sie haben mehrere dieser Tiefschlaf-Phasen. Morgens kommen sie wieder in den leichteren Traumschlaf, die Gehrinwellen fahren wieder hoch. Wenn sie wieder aufwachen, durchschreiten sie im Idealfall wieder die Alpha-Wellen und sind schliesslich wieder bei vollem Bewusstsein, frisch und wach.

 

Die Grafik hier zeigt meinen Schlaf an einem Samstag. Sie sehen sehr gut, dass ich kurz vor 22:00 Uhr ins Bett ging, schnell eingeschlafen bin und die ganze Nacht durch die typischen Tief- und Nicht-Tiefschlafzyklen hatte. Manchmal sind diese Ausschläge stärker, dann wird mein Schlaf seichter und fällt dann wieder ab. Alles ok also. Morgens wurde ich wach, habe noch ein wenig gedöst und bin damit sanft in den Tag geschlendert. So mag ich das.

Fehlen ihnen die Regenerierungs-Tiefschlafphasen, dann werden sie das über kurz oder lang tagsüber merken. Sie fangen, je nach Konstitution an, von ihren Reserven zu zehren und brennen langsam aus.

Technische Helferlein

Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung. Es bringt nichts, das zu verteufeln. Ich sehe darin durchaus viele nützliche Punkte, die ich in mein Leben einbaue. Ich kenne aber meinen Körper und das menschliche Gehirn. Letzeres ist ca. 350.000 Jahre alt und kommt mit einigen Gewohnheiten des 21. Jahrhunders nicht klar. Das müssen sie es einfach unterstützen.

Die eingangs genannte DAK-Studie gibt an, daß aktuell nur ca. 15% der Befragten moderne technische Hilfsmittel wie beispielsweise Apps nutzen. Wie passt das mit dem Schlaf zusammen, wenn man doch 30 Minuten vorher alles ausschalten soll? Das geht. Passen sie auf:

  1. Schlaf-TrackingWollen sie wissen, wie sie schlafen? Da sollten sie durchaus neugierig sein. Dafür gibt es zahlreiche Apps fürs Smartphone. Sie öffnen die Tracking-App, schalten das Handy auf Flugmodus, schliessen den Bildschirm und legen es neben das Bett auf den Nachttisch. Die Aufzeichnung des Schlafes erfolgt über das hochsensibel aufgedrehte Mikrophon. Das Ergebnis zeigt ihnen dann, wie lange sie gebraucht haben, einzuschalfen, ihre Schlafphasen und ihre zeit zwischen Aufwachen und App wieder Ausschalten. Diese Aufzeichnungen über Wochen hinweg, geben schon mal einen guten Aufschluß über ihre Schlaf-Qualität.Sie sind sicher nicht mit dem EEG eines Schlaflabors vergleichbar. Das müssen sie auch nicht.Kleines Vergleichsspielchen noch: Wie schlafen sie im Durchschnitt zu anderen in Deutschland? Wer schläft weltweit am besten, am schlechtesten, wer am längsten, am kürzesten? Man kann das im Bild eingangs dieses Artikels gut sehen.
  2. Einschlaf- Frequenzen
    Können sie schlecht einschlafen? Dann helfen sie ihrem Gehirn. Es möchte gerne einschlafen, kann aber nicht. Wenn sie die Tips oben befolgen gibt noch einen: Einschlaf-Frequenzen. Spielen sie aktustisch Delta-Wellen ein. Das kann z.B. weissen Rauschen sein. Ich bereite dazu gerade ein paar Audio-Files vor, die mir in den nächsten Monaten vorliegen werden.
  3. Tageslichtwecker: Wachen sie mit der Sonne auf
    Ich liebe ihn, meinen Tageslichtwecker. Was der macht? Er weckt mich mit Licht. In einem Zeitraum von 20 Minuten spielt er mir einen Sonnenaufgang mit Licht vor. Anfangs leuchtet er in einem tiefen Orangeton und wird minütlich heller und heller. Zur eingstellten Weckzeit ist die Lichtfrequenz weiß wie das Sonnenlicht am Mittag. Ich lasse auch erst dann leichte, sanfte Musik ohne Gesang einspieln. Diese Aufwachart entspricht am ehesten dem natürlichen Erwachen des Tages.Wie gesagt, unser Gehirn ist ca. 350.00 Jahre alt. Helfen sie ihm. Der Vorteil ist für mich klar spürbar: Ich wache bereits während der „Sonnenaufgangs-Phase“ auf, lasse aber die Augen noch geschlossen und döse weiter, bis es völlig hell in meinem Schlafzimmer ist. Meine Gehirnwellen schwingen vom Traumschlaf im Theta-Bereich hinüber in die entspannte Wach-Phase im Alpha-Bereich. Ich lasse den Schlaf sanft ausklingen, hänge noch dem letzten Traum nach und stehe schliesslich ausgeruht auf.
  4. Vermeiden sie „Aufregung“ fürs Gehirn am morgen
    Lassen sie sich um Gottes Willen nicht von einem Radiowecker wecken. Die schrillen „Morning Teams“ in den Radio-Stationen, die Musik und Nachrichten sind pures Gift für ihr Gehirn. Es zieht sie vom Schlaf sofort in den völligen Wachzustand, sozusagen vom Theta ohne Aufwachphase in den Beta-Zustand. Dazu kommen Nachrichten, die meist von negativen Ereignissen berichten. Tun sie sich das nicht an.

Wenn Sie nicht so gut einschlafen oder auch nachts schlafen können und diese paar Grundregeln beherzigen, gehts nach kurzer Zeit schon besser. Beobachten sie sich und testen die ein oder andere Hilfe. Übringes: Grundvoraussetzung für den gesunden Schlaf ist ein für ihren Körper passendes Bett, eine kühle Umgebung und frische Luft.

Haben sie noch eigene Tips und Erfahrungen? Wie gehen sie mit ihrem Schlaf um?

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